2. Die Entstehung des Grand Canyon

2.1 Das Colorado Plateau
2.5 Mrd. Jahre in Stein, Statigraphie

2.2 Der Canyon
Das Alter des Canyon, Entstehungstheorien, Gestalt

2.3 Eine andere Theorie
Eine Legende


2.1 Das Colorado Plateau

2 Mrd. Jahre In diesem Abschnitt soll die Stratigraphie und Genese der einzelnen Schichten erläutert werden. Dabei sollen verschiedene Schnitte, Grafiken und Bilder helfen, die wichtigsten Prozesse zu veranschaulichen. Es sei darum hier auch auf den Anhang mit den geologischen Schnitten verwiesen.

Das Bild ist nach dem Abstieg vom Südrand aufgenommen und gibt den Blick auf den Colorado frei. An dieser Stelle ist der Canyon rund 1650m tief und der gegenüberliegende Nordrand 18 km entfernt. Von hier kann man 2 Mrd. Jahre Erdgeschichte studieren.

In der folgenden Tabelle ist eine kurze Darstellung der im Canyon sichtbaren Schichten zusammengefaßt.

Geologische Zeittafel
Formation Alter in Mio. Jahren Periode Epoche Bemerkung
1 Kaibab-Kalkstein 250
2 Toroweap-Kalkstein 255
3 Coconino-Sandstein 260 Perm
4 Hermit-Schiefer 265
5 Supai-Sandstein 285 Pennsylvanien
6 Redwall-Kalkstein 335 Mississippi Paläozoikum
7 Temple-Butte-Kalkstein 355 Devon
8 Muav-Kalkstein 515
9 Bright-Angel-Schiefer 530 Kambrium
10 Tapeats-Sandstein 545
11 Grand-Canyon-Serie 1200 eigentlich sieben schräg verlaufende Schichten
12 Zoroaster-Granit 1700 Präkambrium
13 Brahma- und Vishnu-Schiefer 2000

Auffällig ist, daß für die letzten 250 Mio. Jahre keinerlei Schichten vorhanden sind. Die Erosion hat die Schichten des Mesozoikums bis auf geringe Reste abgetragen, wie auf einer Geologischen Karte zu sehen ist. (Die Karte war nicht zu scannen, da sie das Format A0 hat.) Die Wüste Painted Desert im Nordosten des Canyon besteht aber hauptsächlich aus den Schichten des Mesozoikum. Im Bereich des Colorado waren es 14 Schichten mit einer Mächtigkeit von etwa 3000m.

Urzeit Die ältesten Schichten des Canyon sind rund 2 Mrd. Jahre alt, oder etwas älter. Entstanden sind sie in einer Zeit, als die Erdkruste noch dünn und nicht sehr stabil war. Diese ältesten schwarzen Granite sind jedoch nur an einigen Stellen sichtbar. Es sind die Wurzeln eines Gebirges was schon längst wieder verschwunden ist. Dieser Granit war ursprünglich einmal ein Sediment oder vulkanischen Ursprungs. Der Unterschied ist heute jedoch kaum noch zu erkennen. In der geologischen Zeittafel haben diese Granite die Nummern 12 und 13.

Granite George in der Nähe der Phantom Ranch Dieses Bild ist in der Nähe der Phantom Ranch aufgenommen. Deutlich zu sehen ist der schwarze Granit. Die vielen roten Stellen sind der Verwitterungsschutt der darüberliegenden Schichten. Es ist gut zu erkennen, daß keinerlei Schichtungen vorliegen. Es sind auch keine Fossilien in diesem Granit zu finden.

Roter Felsen Nach Jahrmillionen war von dem Gebirge nur noch eine niedrige, flache Ebene übrig. Diese wurde von einem See oder Meer überflutet. Es lagerte sich eine Sedimentschicht nach der anderen ab, bis sie etwa 3500m mächtig waren. Die Farbe reicht von rot über braun bis purpurn. In diesen Schichten kann man die ältesten Fossilien des Canyon finden. Primitive Pflanzen und wirbellose Tiere. An verschiedenen Stellen drang Magma in die Sedimente ein. Heute kann man rosaroten Granit als Zeuge dieses Vorganges in diesen Schichten finden.

Bruchschollen Vor etwa 1,2 Mrd. Jahren wurden die Sedimente aus dem Meer gehoben. Es entstand ein gewaltiges Bruchschollengebirge. Im Laufe der Zeit erodierte auch dieses Gebirge wieder. Teilweise blieben jedoch Keile der Sedimente erhalten. Heute gehören diese Keile zur Grand-Canyon-Serie. Diese Schichten sind, abgesehen vom Granit, die einzigen in nicht paralleler Lage. An einigen Stellen trat auch der schwarze Granit zutage.

Fertig! Im Verlauf der letzten 600 Mio. Jahre hob und senkte sich das Gebiet, wurde von Meeren überflutet und erodiert. Jedoch alle diese Schichten liegen fast parallel. In ihnen findet man fast alle vergangenen Lebensformen der Erde. Von den Trilobiten über Fische bis zu den Reptilien. Die Zeit der Saurier ist nicht mehr zu finden, da sie bereits abgetragen ist. Die oberste Schicht ist der Kaibab-Kalkstein, der aus Korallen besteht. Das läßt vermuten, daß das Gebiet vor 250 Mio. Jahren in einer subtropischen Klimazone gelegen hat. Damit ist die Erdoberfläche erreicht und nichts davon wäre sichtbar, wenn der Canyon nicht da wäre wo er jetzt ist. Da er aber da ist, muß er irgendwie entstanden sein. Das soll im nächsten Abschnitt erläutert werden.

2.2 Der Canyon

Um sich ein Bild von den Kräften die den Canyon formten, machen zu können, muß man zuerst einmal jeden Gedanken an die Dauerhaftigkeit von Steinen, Felsen und Gebirgen abtun. Felsen darf man nicht trauen. Ein auf dem Rand des Canyon liegender Felsen mag den Eindruck von Kraft und Dauer erwecken, aber sobald man ihm den Rücken dreht, fährt er fort, zu verwittern und sich nach Kalifornien davonzumachen. Und es ist nicht nur dieser eine, auf den kein Verlaß ist. Jeder Felsen auf der Erde wird kleiner oder größer, hebt oder senkt sich oder kriecht in geradezu skandalöser Manier auf dem Planeten herum.

Nun ist es so, daß die Geologen wissen, wie die Schichten hierher kamen, aber sie wissen nicht genau, wie der Canyon entstand. Zu diesem Zweck gibt es verschiedene Theorien, die das Problem erklären sollen. Sollten diese nicht ausreichend sein, sei auf die Theorie der hier lebenden Indianer verwiesen, die in Kapitel 2.3 kurz erläutert wird.

Ausnahmweise mal eine Ergänzung aus dem Jahr 2014: Spiegel-Online

Selbst über das Alter des Canyons gibt es verschiedene Angaben. Diese reichen von 6 Mio. Jahre bis 35 Mio. Jahre. Am weitesten verbreitet sind etwa 10 Mio. Jahre. Das bezieht sich jedoch nur auf das Canyon selbst. Die ersten Anfänge reichen etwa 60 Mio. Jahre zurück. Darum soll nun beschrieben werden, was und warum sich so zugetragen hat.

Kaibab1 Vor 60 Mio. Jahren war das Coloradoplateau vermutlich eine flache niedrige Ebene. Damals ereignete sich etwas, was als Laramid-Orogenese bezeichnet wird. Im Westen Amerikas bildeten sich die Rocky Mountains. Das dauerte bis vor etwa 30 Mio. Jahre. Das neue Gebirge begann mit seinem Gewicht auf den Untergrund zu drücken. Die Erdkruste ist nun nicht völlig starr, sie ist plastisch. Wenn also irgendwo etwas drückt baut sich an dieser Stelle ein isostatischer Druck auf. Der verlangt wiederum nach Ausgleich - das Ganze heißt dann auch isostatischer Ausgleich - und was liegt da näher als eine Stelle anzuheben, die durch Erosion immer leichter wird. Es bildete sich eine Linse, die immer weiter angehoben wurde und wird. Heute nennt man diese Linse Colorado Plateau. Auf dem sich bildenden Plateau gab es 2 wichtige Entwässerungssysteme. Diese wurden durch eine Erhebung, dem Kaibab-Plateau, getrennt. Das blieb auch viele Millionen Jahre so. Nur durch einen Vorgang, den man rückschreitende Erosion nennt, grub sich das Hualapai-Flußsystem immer weiter nach Osten in das Kaibab- Plateau vor. Die beiden Systeme entwässerten das Gebiet in verschiedene Richtungen. Der Colorado wahrscheinlich zum Golf von Mexico und der Hualapai zum Pazifik.

Kaibab2 Vor etwa 12 Mio. Jahren ist es im Südwesten zu einer Anhebung der Felsen gekommen. Die Wasser des Ur-Colorado konnten das Meer nicht mehr erreichen. Es bildete sich ein gewaltiger Binnensee im Nordosten von Arizona. Die Sedimente des Sees sind heute noch zu finden. Darum wissen wir, daß es ihn gegeben hat. Der Hualapai erodierte immer noch das Kaibab-Plateau und vor etwa 10 Mio. Jahren durchbrach der es.

Kaibab3 Mit einem Manöver, welches die Geologen Stromraub nennen, zapfte der Hualapai den Ur-Colorado und seinen See an. Seit diesem Zeitpunkt fließt alles Wasser nach Westen hin ab. Es entstand das Flußsystem wie wir es heute beobachten können. Geologen sind der Meinung, daß das Plateau damals niedriger war als heute. Es soll sich so langsam bis heute angehoben haben, daß der Colorado immer genug Zeit hatte sein Bett zu vertiefen.

Wenn man heute am Rand steht muß man sich fragen, wie die vielen Formen entstanden sind. Ohne Zweifel scheint der Colorado einen Hauptteil daran zu haben. Bevor Dämme den Lauf hinderten hat der Colorado im Durchschnitt täglich 500.000 Tonnen Schlamm und Sand zum Golf von Kalifornien befördert. Heute erreicht er ihn jedoch nicht mehr, da ihm zu viel Wasser entnommen wird. Während eines Hochwassers beförderte der Fluß bis zu 27 Mio. Tonnen Schlamm pro Tag. Nicht gemessen die Kiesel und Steine, die am Grund entlangrollten, manche bis 2m groß. Nach Schätzungen die gleiche Menge, was zusammen etwa 55 Mio. Tonnen macht. Eine schier unglaubliche Menge. Die Kraft nimmt der Fluß aus etwa 1,5m Gefälle pro Kilometer. All dieses Material kommt nicht nur aus dem Canyon. Das Einzugsgebiet ist etwa 400.000 Quadratkilometer groß.

Der Fluß hat auch nicht alleine den Canyon geschaffen. Wohl aber fast jedes Sandkorn transportiert. Ein Sandkorn, welches irgendwo im Canyon abgesprengt wird, braucht im Durchschnitt 5 bis 500.000 Jahre bis es den Fluß erreicht.

noch 600m bis zum Colorado - nach unten Wenn nur der Colorado den Canyon gegraben hätte, müßte heute ein sehr tiefes V-Tal zu sehen sein. Ist es aber nicht. Es muß also auch noch andere Einflüsse geben, die an der Gestaltung mitwirken. Zum einen könnte man Gletscher vermuten. Die hat es zwar gegeben, jedoch haben sie nie den Canyon erreicht. Entscheidender sind aber die Niederschläge. Und gerade diese bewirken eine Merkwürdigkeit. Der Fluß ist dem Südrand nämlich erheblich näher als dem Nordrand. Das Colorado-Plateau ist bekanntermaßen eine Linse. Der Canyon liegt am Südrand dieser Linse. Das erklärt, warum der Nordrand rund 350 m höher ist. Am Nordrand beträgt die jährliche Niederschlagsmenge etwa 60 cm, auf der anderen Seite 40 cm. Nur das die 60 cm vom Nordrand sich in das Canyon hinein bewegen während am Südrand das Wasser sich vom Canyon wegbewegt. Diese paar Zentimeter Wasser bilden Seitencanyons. Die Seitencanyons entstehen auch nicht irgendwo. Am einfachsten hat es das Wasser entlang geologischer Störungen, und so sind die größten Seitencanyons dort wo Störungen anzutreffen sind. Damit ist ein weiterer wichtiger Faktor genannt.

Die Störungen verlaufen diagonal zum Canyon. Diese sind auf Spannungen während der Heraushebung des Plateaus zurückzuführen. Um Spannungen abzubauen hat sich das Gestein entlang alter Bruchsysteme bewegt. Diese sind bis zur Oberfläche durchgedrungen und geben nun dem Niederschlagswasser eine Chance Seitencanyons zu graben.

Es hat auch vulkanische Aktivitäten im Canyon gegeben. Die letzte vor etwa 1 Mio. Jahren. Dabei ist Lava in das Canyon eingedrungen und hat Dämme hinterlassen, die scheinbar so schnell verschwunden sind wie sie entstanden sind. Es gab 6 solcher natürlichen Dämme. Der größte war 400 m hoch. Heute kann man nur noch ein paar Reste sehen. Der Fluß hat sie erodiert und fortgespült.

an der Phantom RanchEin weiterer wichtiger Faktor ist der extreme Temperaturwechsel. Die Nächte sind selbst im August sehr kalt, bei einer Meereshöhe von 2300 bis 2700 m kein Wunder, die Tage sehr warm. Die intensive Sonneneinstrahlung und die noch relativ saubere Luft erhitzt die Felsen so stark, daß man sie kaum anfassen kann. Dieser Temperaturwechsel zermürbt auch den härtesten Fels und lockert ihn. Und dann rieselt das bewußte Sandkorn zum Colorado und der Canyon ist wieder etwas breiter geworden. Daneben spielen auch noch ein paar Pflanzen eine Rolle. Zuerst seien da die unscheinbaren Flechten genannt. Diese bilden organische Säuren, die den Kalkstein angreifen und zerstören. Als letztes gibt es dann auch noch Wurzelpflanzen, die in Ritzen eindringen, und mit ihren Wachstumskräften Stück um Stück vom Gestein absprengen.

Als letztes bleibt nur noch zu betrachten, warum die Verwitterungsformen so fein differenziert sind. Die Übergänge zwischen den Steilhängen und den mehr schrägen Teilen lassen sich auf verschiedene Festigkeiten zurückführen. Je fester ein Gestein um so steiler der Hang. Die Differenzierungen innerhalb der Schichten haben auch ihre Ursache in der Festigkeit. Im humiden Klima würden aber solche Feinheiten nicht entstehen, da das fließende Wasser sie schnell wieder zerstören würde. Das fehlende Wasser ist auch der Grund für die Steilwandigkeit. Bei mehr Wasser würde die Hangabschrägung viel stärker sein. Somit sind die Formen des Canyons eine Folge des ariden Klimas und der Kraft des bißchen Wassers in ihm.

2.3 Eine andere Theorie

Seit wann Menschen im und um den Canyon siedeln können wir nicht mit Bestimmtheit sagen. Das sich die hier lebenden Menschen Gedanken über die Entstehung gemacht haben, lange bevor ein Wissenschaftler sich damit beschäftigt hat, steht fest. Nicht umsonst gibt es die verschiedensten indianischen Mythen die das Geheimnis zu erklären versuchen.

Kaibab-Squirrel Eine soll hier ganz kurz vorgestellt werden, die der Navajo - Indianer. Vor langer Zeit überfluteten gigantische Regenfälle das Land ihrer Vorfahren. Das Wasser stieg immer höher und höher und die Menschen drohten zu ertrinken. In allerletzter Minute entstand jedoch eine Ablaufrinne. Das ist der heutige Canyon. Die Indianer überlebten indem sie sich kurzzeitig in Fische verwandelten. Selbst heute essen viele Navajos keinen Fisch, aus Dankbarkeit für ihre Rettung, und da sie glauben in den Fischen leben die Seelen der Verstorbenen weiter.

Mythen und Legenden wie diese gibt es viele. In unserer modernen Zeit sind noch ein paar hinzugekommen. Nur werden diese nicht mehr Mythen sondern wissenschaftliche Theorien genannt. Jedoch auch sie erklären nicht alles. Es bleiben immer noch ein paar Geheimnisse. Doch ob diese jemals geklärt werden ist fraglich. Die Zerstörung des Canyon hat schon längst begonnen.